Die karolingischen Höfe bei Dreihausen
Artikel von M.Marsch erschienen im Grundblick März 2000 Nr.22
Seit ca. 1200 Jahren schlummert 1 km südlich von Dreihausen im Wald ein
ganz besonderes Kulturgut. Die Höfe; (so der lokale Name für die Anlage,
der sich auch auf Karten eingebürgert hat) eine frühmittelalterliche
Befestigung aus karolingischer Zeit. Die erste bekannte Benennung stammt aus dem Jahr 1708 als
Hainborg" im Jahr 1711 findet sich der Name "Hoynburg" Der Wittelsberger Organist
Seibert fertigte im Jahr 1826 eine erste Zeichnung der Anlage an, er hielt es für ein römisches
Kastell und bezeichnet es als "Römerschanze". In seiner Beschreibung taucht aber auch der Name Hof und Höfe auf, der schon im Jahr zuvor von Creuzer verwendet wurde.
Die vermutlich ersten Ausgrabungen machte A.F.C. Vilmar 1843, er
verneinte den römischen Ursprung und datierte die Anlage auf das 12. - 13.
Jahrhundert. Zu Beginn des letzten Jahrhunderts meinten manche Forscher,
dass es sich um eine fränkische Curtis, also eine Anlage aus
merowingischer oder karolingischer Zeit handele. Eine wirkliche Datierung ist Dr. Gensen zu
verdanken, der 1972 eine Vermessung und 1974 Ausgrabungen, im Rahmen eines
DFG-Forschungsprojektes durchführte. Scherbenfunden im Bereich der Anlage sind
ins 8. - 9. und teilweise bis ins 10. Jahrhundert datierbar. Das gesamte Gelände wurde mit einem
Netz von Grabungen je 2 x 2 Meter überzogen um Aufschluss über die Bebauung
und Besiedlung zu erhalten.
Die Anlage unterteilt sich in eine Ober- und Unterburg von einer
Gesamtfläche von 2 ha. Die Unterburg ist 1,25 ha groß und dort hinein
führt von Norden der einzige Zugang. Eine bis zu 2 Meter dicke Mauer aus
Basaltsteinen mit einer Füllung aus Schottersteinen und Mörtel umgibt die
Höfe. Eine aufwendige Toranlage am Südende ist der einzige Durchgang von
der Unter- zur Oberburg. In der Unterburg konnten nur wenige Bebauungs-
und Siedlungspuren entdeckt werden.
Ganz anders in der Oberburg. Hier wurden neben vielen steinernen Unterzügen, die Grundmauern von zwei ganz
erstaunlichen Gebäuden gefunden. Das Untergeschoss eines Steinhauses von
ca. 10 x 5 Metern mit einer Mauerstärke von bis zu 1,30 Meter konnte
freigelegt werden. Ein steinernes Haus aus dieser Zeit ist etwas
Besonderes. Die Sensation verbarg sich aber unter einem Versturzhügel mit
12 Meter Durchmesser. Die Grundmauern einer Rundkirche von 6 Meter
Durchmesser. Im Nordnordosten befindet sich eine Apsis, durch eine 25 cm hohe Stufe abgesetzt mit einem 1x1 Meter
Altarsockel. Die Verputzreste zeigen eine Bemalung von sehr hoher Qualität
mit vielen Farben. Es lässt sich eine Abbildung erkennen, die einen
(Engels-) Flügel darstellt. Neben dem Altar wurde ein Bruchstück einer
grünen Porphyrplatte gefunden, ein beliebter Stein der Antike aus Lakonien (Griechenland).
Die Vermutung lag nahe es könne sich um ein Stück einer Altarplatte
handeln. Weitere Bruchteile wurden jedoch nicht gefunden und ähnliche
Funde, z.B. in der Stiftskirche in Bad Hersfeld, lassen vermuten, dass diese
kleinen Marmorstücke als eine Art Reliquie anzusehen sind.
Die Scherbenfunde in der Oberburg sind von hoher Qualität und mit
aufwendigen Rollstempelmuster verziert. Diese Befunde lassen darauf
schließen, dass es sich bei den Bewohnern der Burg um einen kleinen
privilegierten Personenkreis gehandelt haben muss. Die Höfe haben eine
Sonderstellung innerhalb der karolingischen Befestigungen, die auf eine
enge Beziehung zum karolingischen König vermuten lässt.
Gerne wird hier der Zusammenhang mit den Königsaufenshalten in Ebsdorf
1054, 1057 und 1066 hergestellt, die aber sicher 200 Jahre nach der
Besiedlung der Höfe stattfanden.
Erwähnenswert sind noch die Ackerterrassen die von Süden her bis in die
Hofanlage reichen. Die Hofbebauung ist über die Ackerterrassen erfolgt, was
bedeutet das diese Besiedlung schon vorher bestand und somit grob
datierbar ist.
Seit einigen Jahren betreut der Arbeitskreis Dorfgeschichte Dreihausen
e. V. die Anlage und die Wege in diesem Bereich. Bei einem Besuch des
Museum in Lorsch fiel uns eine Computer Simulation der dortigen
Kloster Anlage auf, mit einem virtuellen Gang durch das Kloster obwohl
kaum noch etwas der Klosteranlage zu sehen ist. Diese Simulation wurde
aufgrund von geophysikalischen Messungen möglich. Sofort dachten wir an
die Höfe bei Dreihausen und das dies doch eine tolle Methode wäre, um ein
besseres plastisches Bild der Höfe zu bekommen.
Es wurde Kontakt zu der geophysikalischen Untersuchungsfirma
aufgenommen und im Frühjahr des Jahres 2000, trafen wir uns mit ihnen und
dem damaligen Ausgrabungsleiter Dr. Gensen vor Ort. Es wurde zunächst
einmal erläutert, welche Methode hier angewandt werden könnte und es zeigte
sich schnell, dass hier nur die Geoelektrik anwendbar ist. Als Nächstes
einigte man sich auf drei Flächen, die den meisten Erfolg versprechen. Dies
ist die Fläche A (siehe Abb.) an der Nordmauer der Oberburg, die deutliche
Anzeichen für Terrassenbebauung zeigt, eine Fläche B am Südrand der Mauer
mit zwei deutlichen Vertiefungen in denen weitere Gebäude vermutet werden
und eine Fläche C in einer Vertiefung südlich außerhalb der Anlage in der
damals karolingische Scherbenfunde gemacht wurden. Wir erhoffen uns durch
diese Messungen weitere Aussagen zur Bebauung in der Oberburg machen zu
können, um einmal ein Modell oder sogar ein Computer Simulation
anzufertigen. Sollten die Messungen Ergebnisse bringen, wäre es auch
vorstellbar, dass die Höfe wieder zum Forschungsobjekt werden könnten. Es
handelt sich hierbei wirklich um ein leider verkanntes, einmaliges
Kulturgut der Region das in ganz Deutschland seines Gleichen sucht.
Im April 2000 fanden die Messungen an der Anlage statt. Das Foto links zeigt
einen Mitarbeiter bei der geolektrischen Messung im Gelände. Einige Bürger und Vereinsmitglieder, denen wir an dieser Stelle
noch einmal danken möchten, waren als Helfer vor Ort. Es handelte sich dabei
um eine geoelektrische Messung, die auf der Basis der
Widerstandssondierung des Bodens beruht. Um die Ergebnisse zu erörtern, besuchten wir mit Dr. Gensen dem
damaligen Leiter der Ausgrabungen, die GGU in Karlsruhe.
Vermessen wurden drei Teilflächen, zwei im Bereich der Oberburg am
nördlichen und südlichen Wall und eine außerhalb der Anlage liegende Fläche.
Im nördlichen Teil unterhalb der Rundkirche, in dem Terrassen-Bebauung
vermutet wurde, zeigen sich einige Strukturen die aber nicht direkt zu
einer Bebauung zugeordnet werden können. Auch die Frage ob sich im unteren
Teil eine Zisterne befand muss vorerst offen bleiben, da dies nicht direkt
aus der Messung zu ersehen ist.
Eine deutlich sichtbare Senke im südlichen Teil, in der Bebauung
vermutet wurde, erwies sich leider nur als "Loch". Im unteren Teil wurde
aber eine deutliche Struktur sichtbar, die wir aber leider nur
angeschnitten haben. Hier würde eine weitere Messung Aufschluss geben. Als
echte Sensation deutet sich die vermessene Außenfläche an. Hier ist eine
deutliche Struktur einer Bebauung erkennbar. Da diese Bebauung über den
dort befindlichen Ackerterrassen liegt und an dieser Stelle bereits
karolingischen Steinzeug Scherben gefunden wurden, ist zu vermuten, dass eine
zeitgleiche Bebauung außerhalb der Wallanlage bestand. Dies wäre der erste
bekannte Fall an einer fränkischen Anlage. Wir sind jetzt gemeinsam mit
Dr. Gensen bemüht weitere Untersuchungen durchzuführen. Weitere
Messungen oder Grabungen würden neue Erkenntnisse bringen. Es gilt also
jetzt wieder die Denkmalpflege oder Forschergruppen für dieses Projekt zu
interessieren, da diese Leistungen nicht von unserem Verein alleine
erbracht werden können. Finanziert wurde die Messung aus projektbezogenen
Spenden und Zuschüssen der Apotheke Dreihausen, der Raiffeisenbank, des
Landkreises und der Gemeinde, denen wir an dieser Stelle noch einmal
herzlich danken möchten. Einen Teil hat der Verein getragen, den wir aber
noch gerne mit Spenden ausgleichen wollen.
Wir werden weiterhin über
dieses einmalige Kulturgut und dessen Erforschung berichten und möchten
alle interessierten Bürger(innen) einladen uns zu unterstützen oder sich
bei unseren Stammtischen zu informieren.
Ganz wichtig ist es uns ein Bewusstsein für den kulturellen Wert dieser Anlage in der Öffentlichkeit zu schaffen. Leider wird das Denkmal immer noch als Grillplatz, Motocross Strecke oder Reitplatz missbraucht!
Der Arbeitskreis Dorfgeschichte bietet auch Führungen für interessierte
Gruppen an den Höfen an.
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